Zimmerer auf der Walz: Alles, was man wissen muss
Sie fallen mit ihrer aus der Zeit gefallenen Kleidung auf, wenn sie entlang von Landstraßen marschieren oder als Tramper auf die nächste Mitfahrgelegenheit warten. Junge Männer und zunehmend auch Frauen in der traditioneller Kluft ihrer Zunft.
Die Rede ist von Zimmerern auf der Walz, einer alten Handwerkstradition, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Die Walz war und ist eine besondere Möglichkeit für Zimmerer und Zimmererinnen, ihr Handwerk zu perfektionieren, neue Erfahrungen zu sammeln und die Welt zu entdecken. In diesem Blog-Beitrag beleuchten wir alles, was man über das Leben auf der Walz wissen muss.
Die Walz ist eine Wanderschaft, bei der Zimmerergesellen nach Abschluss ihrer Ausbildung für einen bestimmten Zeitraum ihre Heimat verlassen und auf Reisen gehen. Während dieser Zeit arbeiten sie bei verschiedenen Handwerksbetrieben, lernen neue Techniken und verbessern ihre Fähigkeiten. Es ist eine Art praktisches Studium, das ihnen erlaubt, ihre beruflichen Fertigkeiten zu vertiefen und gleichzeitig wertvolle Lebenserfahrungen zu sammeln.
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Welche Regeln gelten für die Walz?
Erst einmal vorweg: es gibt zahlreiche geschriebene und ungeschriebene Regeln, and die sich Zimmerer auf der Walz halten müssen.
- Die Dauer der Walz kann variieren, mindestens muss sie jedoch drei Jahre und einen Tag
- Während dieser Zeit dürfen die Zimmerergesell*innen sich ihrem Heimatort nicht näher als fünfzig Kilometer nähern und müssen vollkommen unabhängig leben.
- Auch dürfen sie keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzen, sondern müssen zu Fuß oder per Anhalter reisen.
- Sie dürfen kein eigenes Geld mit sich führen, sondern müssen durch ihre Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen.
- Sie tragen eine traditionelle Tracht, bestehend aus Zunfthose, Hemd, Hut und einem Wanderstab, den „Stenz“. Der Wanderstab ist ein Symbol ihrer Zugehörigkeit zur Handwerkerzunft und dient auch als Werkzeug.
- Eine Voraussetzung sind außerdem Ehrbarkeit, Achtung vor der Ehre der Mitmenschen und Gewaltlosigkeit.
Was macht man auf der Walz?
Wer sich für die Walz entschieden hat, den erwarten Abenteuer und Lebenserfahrung. Man sammelt viele neue Eindrücke an zahlreichen Orten, kommt in Kontakt mit immer neuen Menschen.
Die Zimmerer auf der Walz sind auf ihre eigene Initiative angewiesen, um Arbeit zu finden. Sie wandern von Betrieb zu Betrieb und bieten ihre Dienste an. Die Wanderschaft von Betrieb zu Betrieb ermöglicht ihnen, verschiedene Arbeitsweisen und Baustile kennenzulernen und von erfahrenen Zimmerleuten zu lernen. Die Arbeit kann vielfältig sein und reicht von Holzkonstruktionen bis hin zu Restaurierungsarbeiten an historischen Gebäuden.
Wertvoller Begleiter: Das Wanderbuch
Während ihrer Reisen sind Zimmerer auf der Walz dazu verpflichtet, ein sogenanntes “Wanderbuch” zu führen. In diesem Buch halten sie ihre beruflichen und persönlichen Erfahrungen fest, sammeln Stempel und Empfehlungen von den Betrieben, bei denen sie gearbeitet haben. Das Wanderbuch ist ein wertvolles Dokument, das ihre Fähigkeiten und ihren beruflichen Werdegang dokumentiert.
Welches Ziel hat die Walz?
Die Walz hat nicht nur einen beruflichen, sondern auch einen persönlichen Wert für die Zimmerergesellen. Sie lernen, auf sich selbst gestellt zu sein, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und Herausforderungen zu bewältigen. Sie entwickeln ein Gefühl der Selbstständigkeit und Selbstverantwortung. Die Reisen ermöglichen es ihnen auch, neue Menschen und Kulturen kennenzulernen und ihren Horizont zu erweitern.
Welche Bedeutung hat die spezielle Walzkleidung?
Die Kluft der Zimmerer*innen besteht aus verschiedenen Symbolen, die eine Bedeutung haben.
- Zimmermannshut: Der traditionelle schwarze Zimmermannshut symbolisiert den Zimmererberuf und wird während der Walz getragen. Er repräsentiert Stolz, Fachwissen und die Zugehörigkeit zur Zunft.
- Zunfthose: Die Zunfthose mit ihrem großen Schlag soll die Sicherheit bei der Arbeit erhöhen. Der Schlag verhindert, dass Späne oder Nägel in die Schuhe gelangen.
- Schmuck: Erlaubt ist nur der Ohrring, der ins Ohr genagelt wird. Mehr Infos zum Ohrlochnageln gibt’s in unserem Blog-Beitrag.
- Westenknöpfe: 8 Knöpfe an der Weste stehen für täglich 8 Stunden Arbeit.
- Manschettenknöpfe: Je 3 Manschettenknöpfe stehen für 3 Jahre Wanderschaft.
- Jackenknöpfe: Die 6 Knöpfe auf der Jacke symbolisieren eine 6-Tage-Woche.
- Charlottenburger: Stofftuch zum Bündel gebunden. Alles, was der Zimmerer auf der Walz mit sich tragen will, muss dort hinein passen.
Ist die Walz noch zeitgemäß?
Die Frage, ob die Zimmerer-Walz noch zeitgemäß ist, kann unterschiedlich beantwortet werden. Aus traditioneller Sicht repräsentiert die Walz eine jahrhundertealte Tradition des Zimmererhandwerks, die den Lehrlingen die Möglichkeit bietet, ihr Wissen zu erweitern, neue Techniken zu erlernen und wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Die Walz fördert den Austausch zwischen verschiedenen Betrieben und Regionen, wodurch das Handwerk lebendig bleibt und kulturelle Werte bewahrt werden.
Allerdings kann man auch argumentieren, dass sich die Bedingungen und Anforderungen im modernen Handwerk verändert haben. Die heutige Technologie und Mobilität ermöglichen einen einfacheren Wissenstransfer und die Verbreitung von neuen Techniken. Zudem sind die Anforderungen an die Ausbildung und die Arbeitswelt vielfältiger geworden. In diesem Kontext könnte die Walz als weniger relevant angesehen werden.
Letztendlich hängt die Einschätzung der Zeitgemäßheit der Zimmerer-Walz von verschiedenen Faktoren ab, wie den persönlichen Werten, der Bedeutung von Traditionen und der Dynamik des Handwerks. Feststeht: Die Walz ist für Zimmerergesellen eine einzigartige und lohnende Erfahrung, eine Zeit des Lernens, der Herausforderungen und des persönlichen Wachstums.
Wandergesellen willkommen bei Vorholz Hawran
Auch wenn es von unseren Mitarbeiter*innen in mehr als zwanzig Jahren noch keinen auf die Walz gezogen hat: Unsere Türen stehen immer offen für Zimmerer*innen auf Wanderschaft. Einige Male hatten wir schon das Vergnügen und blicken nur top Erfahrungen zurück.
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